Dienstag, 8. Dezember 2009

Exkurs: Kirchgang

Hier der versprochene Exkurs zu meinem Kirchgang am Sonntag.

Einerseits wollte ich ja sowieso in die Kirche - mal eine Messe auf Französisch hören, vor allem im Advent!! -, andererseits schreibt Maria ihre Bachelorarbeit über französische Kirchenlieder; sie will sie übersetzen. (Eine heldenhafte Aufgabe. Literaturübersetzen ist schon schwierig, Gedichte übersetzen noch mehr, aber Kirchenlieder?? Das Versmaß muss stimmen, der Sinn sollte erhalten bleiben, die Vokale müssen für die "Singbarkeit" an der richtigen Stelle sein. Chapeau, Alter.) Da sie grade in England ist, kommt sie eher schwer an französische Kirchenlieder ran und deshalb wollte ich mir ein Gesangbuch leihen und ein paar Lieder einscannen. Soviel zur Vorgeschichte.

Ich hab mir also die nächstgelegene katholische Kirche rausgesucht, nämlich die Église de St.-Germain, grade um die Ecke. Die Zeit für den Gottesdienst ist auch sehr zivil: 10 Uhr. Ich hab mir sogar extra einen Wecker gestellt...

Tja. Ich komm also in diese zugegebenermaßen kleine Kirche rein. Und sie ist komplett leer, bis auf eine alte Dame, die in der ersten Reihe sitzt und bei meinem Anblick aufspringt, auf mich zuläuft und fragt, ob ich zur Messe hier bin??? ... Jaa... bin ich... (Hilfe, wir sind komplett allein???) Sie gibt mir ein Heft mit dem Ablauf der Messe, einen Zettel mit der Liedabfolge und den Vermeldungen und ein - leider sehr dünnes, und ökumenisches! - Gesangbuch. Dankesehr. Mir ist irgendwie mulmig, ich setze mich aber trotzdem neben sie in die erste Reihe. Kurz darauf kommt der Pfarrer rein: ziemlich jung (maximal 35), dynamisch, und begrüßt uns und die mittlerweile auch angekommenen Gottesdienstbesucher per Handschlag. Wir waren, inklusive Pfarrer, zu neunt. Und dann ging die Messe los, mit einigen Unterschieden zu dem mir gewohnten deutschen Ablauf:
  • Der Pfarrer begann damit, dass die 2. Adventskerze noch nicht angezündet sei und wir haben dann als Antwort den (einseitigen!!) Text auf dem Faltblatt mit der Liederfolge gelesen. Faszinös. Wieso kann ich mir so etwas nicht im Dom vorstellen?
  • Generell kam viel mehr Text vor: Das Glaubensbekenntnis ist um einiges länger. Wer interessiert ist, hier der Text.
  • Die Antworten wurden nicht gesungen, aber das ist ja nicht obligatorisch. (Dafür ist es aber schöner.)
  • Da wir so wenige Leute waren, haben wir uns zur Kommunion alle in einer Reihe an der untersten Stufe vor dem Altar aufgestellt, der Reihe nach unsere Hostie bekommen und dann beim zweiten "Durchgang" des Pfarrers in den Messwein getaucht.
  • Aus dem gleichen Grund war der Friedensgruß sehr überschaubar!! (La paix de Christe...)
  • Obwohl die Tür zur Sakristei direkt neben dem Altarraum war, ist der Pfarrer einmal um die Hälfte der Stühle und dann durch die Mitte zum Altar gegangen. Ein Einzug ganz ohne Messdiener... (Zwischendrin kam mir der Gedanke, dass ich mich als Messdiener hätte anbieten können.)
  • Die Lieder, zumindest die, die ich schon kannte, wurden langsamer gespielt und gesungen als bei uns. Das hat es alles etwas in die Länge gezogen.
  • Nach der Messe verabschiedet der Pfarrer uns alle persönlich mit Handschlag am Ausgang und fragt, ob wir gleich zu einem (ich nenne es mal so:) französischem Äquivalent eines "geselligen Beisammenseins" kommen werden. Na gut, die Fahrt nach Lyon wird irgendwann um 1 Uhr losgehen, Zeit ist also noch, und wer weiß, vielleicht kann ich ihn noch über Liederbücher ausfragen? Also geh ich hin. Kurzfassung: die alten Leutchen aus der Messe, Kekse, Wein - und ich mitten drin. Da ich nicht gefrühstückt hatte, hat der Wein seine Wirkung gezeigt. (Joa, vielleicht hätte ich nicht so viel davon trinken sollen? Viel = drei kleine Gläschen.)
Im Endeffekt habe ich nicht sehr viel geredet und nur zugehört, was allerdings sehr unterhaltsam war, denn witzemäßig haben die sich die Bälle nur so zugeworfen. Mein Job war eigentlich nur, den Altersdurchschnitt zusammen mit dem Pfarrer signifikant zu senken ^.^ Er hat mir dann auch noch zwei Bücher aufgeschrieben, die dem deutschen Gesangbuch wohl eher ähneln und ich hab mich dann nach einer Stunde auf den Weg zurück ins Home St.-Pierre gemacht, um meinen Kram für Lyon zu packen. (Er bestand übrigens aus meiner Bettdecke, Zahnbürste, Deo, einem Handtuch, Geld und meinem Notebook.)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen