Montag, 7. Dezember 2009

Erleuchtung

En route!!! À... Genève. (Wir sind schon auf der Rückfahrt, es regnet wie blöde, es ist 20:26 und dunkel, kurz - wir befinden uns in akuter Lebensgefahr, aber mein Notebook liegt auf meinen Knien und somit bin ich zufrieden. Wer mich etwas näher kennt, kann sich das gut vorstellen. Dazu ein Zitat von Christopher: "Unsere Heimfahrt gestaltet sich ähnlich wie ein Nordseetörn: Nasskalt, lebensgefährlich und mit einem ausgesprochen gutaussehenden Steuermann.")

Die letzten 36 Stunden habe ich zusammen mit Christopher in Lyon verbracht. Grund dafür war die "Fête des lumières", die dort jedes Jahr statt findet. Konzept dieses Fests: Alles wird beleuchtet!! Und es ist wirklich sehenswert. Eigentlich wären wir ja mindestens zu dritt gewesen, aber Clemens, ein Politikwissenschaftler, hat dann doch abgesagt. Das hat die Suche nach einem Schlafplatz allerdings erheblich erleichtert - denn Manuela, eine Bekannte von Christopher, konnte nur maximal zwei Personen beherbergen und hat es dann auch getan.

Wir sind also am Sonntagmittag mit dem Auto losgefahren, nachdem ich in der Kirche war (das bedarf eines kleinen Exkurses, den ich am Ende des Eintrags anfügen werde) und haben noch einen Freund von Manuela mitgenommen: einen Japaner namens Yusaku. Dem haben wir auf der Fahrt unter anderem etwas Deutsch beigebracht, z. B. "Wie sagt man auf Deutsch" und sein späteres Lieblingswort: "Scheiße!!". In Lyon angekommen hat er Christopher dann zu seiner Wohnung gelotst, wir haben ihn abgesetzt und sind weiter zu Manuela gefahren. Laut Yusaku müssten wir nur die Straße nach Norden fahren, ein paar Mal abbiegen und dann wären wir da. Das hat er uns auch auf unsere "Karte" markiert. (Karte = Google-Maps-Ausdruck mit ca. 7 Straßennamen und minimalem Kontrast.)

Oh ja. Aber nein! Die Karte an sich war ja schon wertlos, 7 Straßennamen helfen nicht weiter, und durch den Kontrast war das ganze spinnennetzartige Straßengewirr zwischen den Hauptstraßen unsichtbar, durch das wir während der nächsten zwei Stunden geirrt sind. Und warum irrten wir? Weil Lyon VOLLER EINBAHNSTRASSEN ist!!!! Es wäre ja so einfach zu sagen "Ach ja, fahr einfach mal gradeaus, wir kommen dann irgendwann an eine Straße, die so heißt wie die auf der Karte", aber natürlich geht das nicht, denn nach 20 m wird man von einer Einbahnstraße daran gehindert. Dann versucht man drumrum zu fahren, bei diesem Vorgang ("Wir müssten jetzt irgendwann rechts, um wieder zurück zu der Straße zu kommen") trifft man aber auf 17 weitere Einbahnstraßen... und so weiter und so fort. Ich hab nach einer Stunde fast einen Nervenzusammenbruch bekommen, laut geschrien, die Karte zerknüllt und in den nächsten Mülleimer geworfen. (Das hat natürlich in keinster Weise geholfen!) Dann kamen wir auf die wahrhaft geniale Idee, uns an Bushaltestellen die Pläne anzusehen - einerseits um herauszufinden, wo wir uns befinden, andererseits, um uns ungefähr die Richtung zu merken. Fazit: Sinnlos. Grund: Einbahnstraßen. Nächste Idee: Ein Foto des Stadtplans an der Bushaltestelle zu machen und dann mit angeschalteter Kamera zu fahren. Fazit: Wertvolle Idee, aber unbrauchbar. Grund: auch auf dieser Karte sind nicht alle Straßen eingezeichnet, das Foto war zudem unscharf, ich kann nicht so schnell scrollen wie Christopher fährt, mein Orientierungssinn war durch den Kirchbesuch geschwächt (Erklärung im nächsten Blogeintrag) und - Einbahnstraßen. Natürlich hätten wir Manuela anrufen können, aber ein Telefonat in Frankreich mit einer Schweizer Simkarte ist teuer und sie hätte uns eh nicht weiterhelfen können. (Einbahnstraßen und so.) Irgendwie sind wir dann irgendwie angekommen.

Christophers Zitat dazu: "First, we drove Yusaku home. Then I drove Susanne crazy." Mein Zitat dazu: "... und jetzt kenne ich alle Hauptstraßen um Manuelas Wohnung herum mit Namen, ungefährer Länge, wo sie sich kreuzen und wo sie in Einbahnstraßen münden". Zitat, das ich eben in Asterix - Tour de France gefunden habe: "Lugdunum hat eine Unzahl von Gässchen, das reinste Labyrinth. Da traut sich kein Römer hinein. Wir werden sie dorthin locken."

(Wer mitgezählt hat, merkt, dass ich das Schlüsselwort "Einbahnstraße" im letzten Absatz 6mal benutzt habe.) (Und nun eine kleine Warnung an alle, die jemals mit dem Auto nach Lyon wollen: Nehmt ein Navi oder eine ausgedruckte Google-Maps-Route mit, aber verlasst euch nicht auf einen ordentlichen Stadtplan oder weniger...)

Bei Manuela angekommen haben wir ein bisschen was gegessen: Christophers mitgebrachten Restesalat aus Zucchini, Paprika, Ei und Dressing und etwas Rührei, was Manuela zubereitet hatte. Manuela studiert übrigens Chinesisch, Japanisch und Koreanisch und wohnt in einer WG mit einer Russin und einem Chinesen. Danach sind wir mit der Métro in die Stadt gefahren, um uns da mit ein paar von Manuelas Freunden zu treffen. Den restlichen Verlauf des Abends kann man nicht ganz so ausführlich mit Worten umschreiben wie die Hinfahrt nach Lyon, aber Christopher hat fleißig Fotos gemacht. Vielleicht fallen mir aber ein paar Details ein...

  • Bertrand, einer von Manuelas Freunden, sieht aus wie Andre Agassi. Nur etwas dicker und kleiner und unbegabt in Sachen Tennis.
  • Polizisten - überall!!! Gutaussehende Männer mit dunkelblauen Uniformen und Schiffchen auf dem Kopf. Christopher und ich haben kurzzeitig im Gewirr die Anderen verloren, weil er für mich Fotos von Polizisten machen musste. Das Highlight (wenn auch unscharf) ist das letzte Foto im Picasa-Album.
  • Um euch auch mal an den phantastischen Lichtspielereien teilhaben zu lassen:

  • Christopher und ich haben uns nur ungesundes Essen geteilt: Ein Sandwich, belegt mit zwei Steak haché, Mayonnaise und nebenher Fritten und einen Crêpe mit crème de marrons (= Esskastaniencreme). Zum Niederknien.
  • Christopher hat in einer Kirche Fotos von Kerzen gemacht, sich zur Seite gewendet und der nächstbesten Person, die normalerweise ich bin, das Foto gezeigt - aber just in diesem Moment stand ich eben nicht neben ihm und die Person war eine wildfremde Frau, die das Foto aber trotzdem schön fand.
  • Es hat, entgegen der Wettervorhersage, nur kurz geregnet.
  • Am Ende des Abends konnte ich nur noch auf die von Manuela und Christopher aus dem Keller geholte Doppelmatratze fallen und einschlafen. Zu mehr wäre ich mit meinen völlig müdegelaufenen Beinen nicht mehr fähig gewesen.
"Jetzt brauchst du nur mehr den heutigen unglaublich ereignisreichen Tag beschreiben. Haha." (Zitat von Christopher, dem ich mein Geschreibsel eben vorgelesen habe. Zum besseren Verständis ab jetzt mit ZC abgekürzt.)

Es stimmt aber... Heute waren wir eigentlich nur faul. Sind nach einer erstaunlich ruhigen, gemütlichen ("unerotischen", ZC) Nacht spät aufgestanden, haben nicht gefrühstück und sind stattdessen in den nächsten Supermarkt gegangen, um etwas fürs Mittagessen einzukaufen. Auf dem Weg dahin habe ich meinem Unmut über diese hässliche Stadt, deren Einbahnstraßen wir diesmal umgehen konnten, noch einmal begründet Luft machen können: Es hat geregnet und überall lag Hundescheiße. Aber mit Betreten des Supermarktes hat sich meine Laune schlagartig gebessert, denn was man dort in den Regalen erblickte ("war Gemüse", ZC), war für eine an Einkäufe in Genf gewöhnte Person so günstig, dass man schon fast an der Qualität hätte zweifeln können. ("Susanne erfreute sich besonders an den Billigprodukten zum halben Preis. Noch bevor ich sie überzeugen konnte... nein. Lassen wir das." ZC) Mit leuchtenden Augen haben wir die Zutaten für unsere Spinat-Lachs-Lasagne eingepackt und obendrauf noch 1 kg Chicken Nuggets - weil sie halt günstig waren. ("Das kannst du jetzt schreiben: 'Mir ist schlecht, Susanne!!' Ein Kilo Chicken Nuggets..." ZC) Und ein Glas Nutella für meine BMaZ, Vroni :)

Zurück bei Manuela haben wir dann in gewohnt chaotischer Manier gekocht. Kurz dazu: Christopher und ich verstehen uns im Großen und Ganzen sehr gut (obwohl er Physik studiert, hihi), aber wenn wir zusammen kochen, fliegen regelmäßig die Fetzen, denn wir gehen völlig verschieden an Küchenarbeiten und sich daraus ergebende Probleme heran. Dazu kommt, dass Christopher im Sekundentakt seine Meinung über die Vorgehensweise beim Kochen ändern kann. Und ich bin damit nicht einverstanden und schreie... ("Oooooohhhh... süüüüß... - Oh, schau da vorn!! Keine Ahnung was für eine Stadt... Genf??" ZC - und ja, es ist Genf, wir sind also bald da, sogar lebendig!!) Nun gut, wir haben gekocht - ich hatte zwischendurch einen erbitterten Kampf mit dem Lachsfilet, seiner Haut und insbesondere deren Schuppen - und haben dann mit Manuela und Yusuke, einem anderen Japaner, der am Vorabend auch mit in der Stadt war, gegessen. Christopher fand zwar, dass die Nudeln nicht richtig durch waren, generell war die Lasagne nicht wirklich heiß - aber lecker!!! Eigentlich hätte es ja nicht mal eine Lasagne sein sollen. Laut Rezept waren es Cannelloni, aber die gab es im Supermarkt nicht. Es hätten Shrimps reingehört, die mochte Manuela nicht. Es hätte Sherry und Fischbrühe reingehört, das gab es im Supermarkt nicht, also hat Christopher es mit Fischsuppe ersetzt.

Nach dem Essen haben wir abgespült, uns mit den Notebooks an den Küchentisch gesetzt und überlegt, was wir mit dem Rest des Tages anfangen. Weil Montag ist, fiel das Musée des arts contemporains dummerweise weg... Schlussendlich sind wir einfach da geblieben, haben Fotos des Vorabends ausgetauscht, dummgelabert und haben uns dann auf den Weg zurück nach Genf gemacht. Joa. Und damit sind wir sozusagen in der Gegenwart angelangt, denn ich sitze immer noch im Auto, tippe im Wordpad und wir sind mittlerweile mitten in Genf.
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Exkurs zu der Sache mit der Kirche: Soon to come. Eventuell in einem neuen Eintrag. Grad eben hab ich keinen Nerv mehr dazu...

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